
Erinnern an Oradour. Ein Projekt der 5. und 6. Klassen
Erinnern an Oradour. Ein Projekt der 5. Und 6. Klassen.
Oradour. Ein Ort, ein Name, der in Schwaz nahezu in Vergessenheit geraten ist. Zu belastend ist die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der Silberstadt, zu erdrückend die Last, sich der eigenen Vergangenheit zu stellen. Nur ungern erinnert man daran – weder an das unsägliche Leid, das hunderten von Zwangsarbeitern zugefügt wurde, noch an Täter und Profiteure dieser erbarmungslosen Ausbeutung der Kriegsgefangenen.
Das einstige NS-Zwangsarbeiterlager zwischen Schwaz und Buch diente den Nationalsozialisten ab 1944 als Flugzeugproduktionsstätte der Messerschmittwerke, um dort, ca. 2000 Meter im Berginneren, verborgen vor den heranrückenden Alliierten, Teile des Düsenjagers Me262 herzustellen. Dafür wurde sowohl ein eigener Stolleneingang errichtet als auch die bereits vorhandenen Hallen im Berg weiter ausgebaut. Vor allem Kriegsgefangene aus den im Osten eroberten Gebieten wurden im Lager an der alten Landstraße interniert und zur Arbeit unter menschenunwürdigen Bedingungen gezwungen. Nach der Befreiung des Lagers wurde es von den französischen Besatzern in Gedenken an die Opfer eines der grausamsten Massaker der SS im französischen Ort Oradour-sur-Glane in „Oradour“ umbenannt und diente fortan als Entnazifizierungslager. Nur zwei Jahre später wurden die Baracken erneut umfunktioniert und es entstand eine Armensiedlung, Märzensiedlung genannt, die bis ins Jahr 1988 existierte, ehe die letzte Baracke abgerissen wurde.
Oradour in Schwaz ist bis heute ein Ort der Erinnerung an die Verbrechen, die im Namen des Krieges begangen wurden. Die im Jahr 2015 errichtete Stele zwischen Schwaz und Buch gab einen Anstoß zur Erinnerung an diese Zeit. Im Zuge des Gemeinschaftsprojektes „Memories of Memories“, bei dem zahlreiche Kulturveranstaltungen, Ausstellungen und Installationen den Schwerpunkt bildeten, arbeiteten 20 Schüler und Schülerinnen der 5. und 6. Klassen, in Zusammenarbeit mit Lisa Gürtler-Noggler, Kuratorin im Museum der Völker, Frau Prof. Birgit Tschuggnall, Prof. Lukas Troger und Frau Prof. Martina Schweigl, an einem Audioguide, der die Zuhörer:innen über insgesamt 8 Stationen in und um Schwaz durch die Geschichte dieses Lagers führt. Dabei wurden Themen wie „Täter und Opfer“, „Ausgrenzung“, „Ausbeutung“ oder „Erinnerungskultur“ in den Mittelpunkt der Erzählungen gestellt und auf gegenwärtige Narrative projiziert. Am 13. März 2024 fand die Präsentation dieses Audioguides im Mathoi-Haus statt. Zahlreiche Interessierte nahmen an dieser Veranstaltung teil, die einen gelungenen Abschluss dieses Projekts darstellte. Der Audioguide ist in der App „Hearonymus“ unter dem Titel „Schwaz. Erinnern an Oradour“ frei verfügbar.
In einer Zeit, in der extremistische Ideologien, Ausgrenzung und anti-demokratische Tendenzen erneut einen Zulauf erfahren, ist die Erinnerung an Oradour mehr denn je von entscheidender Bedeutung. Sie erinnert uns daran, die Werte der Menschlichkeit, der Toleranz und des Friedens zu verteidigen und uns gemeinsam dafür einzusetzen. Oradour in Schwaz steht als stilles Zeugnis für die Notwendigkeit, aus der Vergangenheit zu lernen und uns gegen jegliche Formen von Unterdrückung und Unrecht zu erheben.